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Warum die Fondssteuer für viele überraschend kommt

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Warum die Fondssteuer für viele überraschend kommt

Kapitaleinkünfte sind steuerpflichtig. Das gilt auch für Erträge aus dem Fondssparen. Trotzdem kommt die sogenannte Vorabpauschale für Verbraucher überraschend.

Bereits seit 2009 werden Kursgewinne aus Investmentfonds auch bei langfristigem Fondssparen mit der Abgeltungssteuer belegt. Dass aber die Gewinne auch dann versteuert werden müssen, wenn sich ein Fondsanteil noch im Depot befindet, also noch nicht verkauft ist, das ist für viele Verbraucher noch Neuland. Beschlossen wurde die Regelung mit der Investmentsteuerreform 2018.

"Das läppert sich natürlich über die Laufzeit", Andreas Braun, HR, zur Fondsbesteuerung

tagesschau24, 28.03.2024 09:00 Uhr

Im Januar dieses Jahres wurde die Vorabpauschale von Banken und Fondsgesellschaften bei Millionen von den Verrechnungskonten deutscher Fondssparerinnen und Fondssparer abgebucht. Eine Überraschung für viele der Betroffenen, denn in den vergangenen Jahren blieben die Kursgewinne unangetastet.

Basiszins bestimmt die Steuerhöhe

Dass der Fiskus bei den Gewinnen aus dem vergangenen Jahr zugegriffen hat, liegt am veränderten Zinsumfeld nach den Anhebungen des Leitzinses im Euroraum ab 2023. Denn die Vorabpauschale, die die Grundlage für die Besteuerung der Gewinne ist, richtet sich nach dem so genannten Basiszins, den die Bundesbank jeweils zum Jahresanfang bekannt gibt.

Doch einen Basiszins gab es in den vergangenen Jahren gar nicht, wie Tobias Wagner von der KSW Vermögensverwaltung erklärt: „Dieser Basiszins war in der Vergangenheit negativ oder nahe null. Im Jahr 2022 lag er sogar bei minus 0,88 Prozent. Da im Rahmen der Vorabpauschale leider keine Steuererstattung aufgrund negativer Znsen vorgesehen ist, wurde in den vergangenen Jahren einfach keine Vorabpauschale erhoben.“

Vorabpauschale ist fiktiver Gewinn

Das hat sich durch die gestiegenen Zinsen inzwischen grundlegend geändert. Für das vergangene Jahr lag der Basiszins nämlich schon bei 2,55 Prozent. Ein Teil davon, die Vorabpauschale, wird dem Anleger gewissermaßen als fiktiver Gewinn in Rechnung gestellt – vorausgesetzt, ein Fonds hat im Vorjahr einen Kursgewinn verbucht. Auf diesen fiktiven Gewinn wird dann der Abgeltungssteuersatz fällig.

Wie viel Steuern zu zahlen sind, ergibt sich aus einer Berechnung, die Sebastian Schick vom Verbraucherportal Biallo erläutert: „Die Formel für die Ermittlung der steuerpflichtigen Vorabpauschale lautet: Rücknahmepreis des Fondsanteils zum Jahresanfang mal 70 Prozent des Basiszinssatzes laut Bundesbank ergibt den Basisertrag. Davon dann noch eventuelle Ausschüttungen eines Fonds abgezogen, ergibt die Vorabpauschale“.

Auf diese errechnete Vorabpauschale wird dann die Abgeltungssteuer von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und möglicher Kirchensteuer erhoben. Der effektive Steuersatz auf die Kursgewinne liegt damit zwischen rund 26 und 28 Prozent.

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Freistellung von der Steuer je nach Fondstyp

Allerdings werden je nach Fondstyp die Steuern zum Teil reduziert. Wer etwa Fonds im Depot hat, die zu mindestens 50 Prozent in Aktien investiert sind, erhält eine so genannte Teilfreistellung von 30 Prozent, er zahlt also nur auf 70 Prozent der Gewinne die Abgeltungssteuer.

Ein kompliziertes Verfahren, an dessen Ende allerdings Fondsbesitzerinnen und Fondsbesitzer zur Kasse gebeten werden. Und das alljährlich, solange das allgemeine Zinsniveau ähnlich hoch bleibt wie zurzeit. „Grundsätzlich gilt die Vorabpauschale für alle Fonds“, erklärt Vermögensverwalter Wagner.

Allerdings werden Ausschüttungen, die bei manchen Fonds bereits im Jahresverlauf anfallen, bereits bei der Berechnung der Steuer berücksichtigt – anders als bei thesaurierenden Fonds, die die Erträge direkt wieder im Fonds anlegen. „Dementsprechend ist die Vorabpauschale bei thesaurierenden Fonds höher als bei ausschüttenden Fonds“, so Wagner.

Steuerbelastung ist berechenbar

Die Steuern für das vorangegangene Jahr werden stets im Januar des Folgejahres einbehalten. Um die anstehende Belastung auf dem Depotkonto abzuschätzen, können Sparerinnen und Sparer auf Online-Rechner zurückgreifen, mit denen sich die Vorabpauschale und die entsprechende Steuerlast berechnen lässt. Als Faustregel im derzeitigen Zinsumfeld empfehlen Experten, drei bis vier Euro je 1.000 Euro Depotvolumen vorzusehen.

Wessen Depot also 10.000 Euro wert ist, der muss bei Aktienfonds mit Steuern von bis zu 30 Euro rechnen. Bei einer Depotgröße von 100.000 Euro sind es entsprechend 300 Euro. Dies gilt allerdings nur, wenn überhaupt Gewinne in einem oder mehreren Fonds angefallen sind.

Auf Kontodeckung zum Jahresbeginn achten

Wird die Steuer über die Vorabpauschale allerdings fällig, gehen viele Banken rigoros vor, wenn das Depotkonto nicht ausreichend gedeckt ist, weiß Biallo-Experte Schick: „Den Einzug der Steuer auf die Vorabpauschale handhaben die Depotanbieter unterschiedlich. Manche Banken buchen die Steuerschuld direkt vom Verrechnungs- oder Girokonto ab. Wenn dort keine ausreichende Deckung vorliegt, darf die Bank auch den Dispokredit dafür beanspruchen. Es gibt aber auch Fondsgesellschaften, die Fondsanteile aus dem Depot der Anleger verkaufen, um für eine Deckung auf dem Verrechnungskonto zu sorgen.“

Um das zu vermeiden, sollten die Konteninhaberinnen und -inhaber zunächst die steuerlichen Freistellungsaufträge nutzen und – wo nötig – auf mehrere Konten verteilen. Sparer können 1.000 Euro jährlich als Pauschbetrag von der Steuer freistellen, bei zusammen Veranlagten entsprechend 2.000 Euro. Sind die Freibeträge ausgeschöpft, sollte zu Jahresbeginn der geschätzte Steuerbetrag aufs Depotkonto überwiesen werden, damit eine unangenehme Überraschung nach dem Jahreswechsel ausbleibt.

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