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Briefe und Pakete auf der Ladentheke neben dem eigentlichen Geschäftsbetrieb: Als Partnerfilialen bieten kleine Läden Dienste der Deutschen Post an. Doch viele müssen jetzt schließen.
Man kennt sich in dem kleinen Laden von Wolfgang Bieger im hessischen Hofheim im Taunus. Familiär geht es zu. Der 70-Jährige hat sein Geschäft seit 45 Jahren. Angefangen hat er mit dem An- und Verkauf von Modelleisenbahnen. Vor 13 Jahren kam dann eine Post-Partnerfiliale dazu. Teilweise bis zu 600 Kundinnen und Kunden seien seitdem täglich gekommen, erzählt Bieger. Seit Mitte Juli aber ist nun Schluss damit.
Pakete, Briefe – und Modelleisenbahnen: Bei Wolfgang Bieger in Hofheim gab es all das unter einem Dach.
„Fehlende Wertschätzung“
Die Gründe: Die Belastung sei zu hoch – aber auch der gestiegene Mindestlohn. Die Provisionen der Deutschen Post AG reichten nicht mehr aus, um die Personalkosten zu decken, so Bieger. Fünf Prozent gebe es für die Annahme von Paketen und Briefen und den Verkauf von Produkten wie Briefmarken von der Post.
Er müsse mittlerweile jeden Monat im gut vierstelligen Bereich an Personalkosten drauflegen, sagt Bieger: „Wir haben offiziell angefragt, ob die Grundvergütung entsprechend angeglichen wird. Und da kam überhaupt keine Resonanz. Im Endeffekt sagt man uns, das müsse von der Provision reichen. Alles andere sei die Sache der Partner. Und da sehe ich auch eine fehlende Wertschätzung unserer Arbeit.“
Vergütungskonzepte werden regelmäßig geprüft
Laut Deutsche Post AG werden die Vergütungskonzepte regelmäßig überprüft. Die Verträge seien bundesweit ausgerichtet, lokale Besonderheiten würden berücksichtigt, der gestiegene Mindestlohn und die Inflation mit einberechnet. Zur genauen Höhe der Provision für die Partnerfilialen will das Unternehmen nichts sagen – das seien vertrauliche Details in den Verträgen.
Insgesamt gibt es nach Unternehmensangaben bundesweit 10.000 Paketshops und 14.000 Pack- und Poststationen. Dazu rund 12.800 Partnerfilialen – so wie bis vergangene Woche Biegers Geschäft in Hofheim.
Die Deutsche Post AG setzt nach eigenen Angaben auf dieses Partnerkonzept, erklärt ein Unternehmenssprecher: „Ein Postbetrieb nur mit Postdienstleistungen ist betriebswirtschaftlich nicht zu machen. Wenn es so wäre, würden wir eigene Filialen betreiben.“ Der Postbetrieb könne also nur ein weiteres wirtschaftliches Standbein sein, um mehr Kundschaft ins Geschäft zu locken.
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Immer mehr automatisierte Poststationen
Laut aktuellem Postgesetz ist die Deutsche Post AG dazu verpflichtet, deutschlandweit 12.000 Postfilialen zu betreiben. Die Partnerfiliale von Wolfgang Bieger im hessischen Hofheim ersetzt bereits eine kleinere Partnerfiliale ein paar Straßen weiter – allerdings mit eingeschränkteren Öffnungszeiten.
Generell bleibt die Zahl der Partnerfilialen nach Angaben der Deutschen Post seit ein paar Jahren konstant. Das bestätigen auch die Zahlen der Bundesnetzagentur. Sie führt Buch über die Anzahl und Standorte der Postfilialen – in ihrer Statistik fehlen aktuell jedoch bundesweit an 125 Pflichtstandorten Filialen. Pflichtstandorte sind Gemeinden und Wohngebiete mit mehr als 2.000 Einwohnern. Ab 4.000 Einwohnern in einem zusammenhängend bebauten Gebiet muss es eine Filiale im Umkreis von zwei Kilometern geben.
Fachberatung per Video
Es werde zunehmend schwerer, geeignete Ladenlokale oder Einzelhändler zum Betrieb von Filialen zu finden, erzählt ein Unternehmenssprecher der Deutschen Post. Eine Alternative seien automatisierte Poststationen für die An- und Abgabe von Briefen und Paketen, aber auch für den Kauf von Briefmarken.
Für den Hofheimer Bieger fehlt da der Kontakt – viele seiner älteren Kunden seien darauf angewiesen und kämen mit Poststationen nicht zurecht. Laut Deutscher Post AG können sich Kundinnen und Kunden an den Poststationen aber per Video beraten lassen: „Bei Fragen zur Bedienung erscheint auf dem Monitor ein realer Mitarbeiter, mit dem die Kunden direkt sprechen können.“ Mehr als 500 solcher Poststationen gebe es bundesweit bereits.
Die acht Angestellten von Wolfgang Bieger werden künftig keine Postkundinnen und -kunden mehr beraten. Ihr ehemaliger Chef ist dennoch froh, denn alle hätten neue Jobs gefunden. Und ganz aufgeben wird Bieger sein Geschäft nicht: Der Handel mit Modelleisenbahnen geht weiter – allerdings nur noch als Onlineshop.