Das Ensemble Colourage vereint orientalische Musik mit westlicher Klassik – in ihren Kompositionen entstehen neue Klänge und Hörerlebnisse.
Das Ensemble Colourage musiziert seit 2020 gemeinsam.
Konzertabend in der Pfalz, ein altes Weingut. Im gedämpften Licht des Konzertsaals ertönen die ersten zarten Klänge. Wer nicht dabei war, kann auf YouTube hören, wie ein Orchester etwa mit Kanun und Oud, Geige und Kontrabass klingt. Die Musikerinnen und Musiker des transkulturellen Ensembles Colourage vereinen in ihren Kompositionen orientalische Rhythmik und Melodien mit westlicher Harmonie. „Ich bin mit ganz anderen Erwartungen in dieses Konzert gekommen und dachte, es sei ein klassisches Programm der Staatsphilharmonie“, sagt ein Besucher nach dem Konzert. „Es war aber ganz anders – und ich bin froh, dass ich es falsch verstanden habe, denn sonst hätte ich diese wunderschöne Erfahrung wahrscheinlich verpasst.“
Neue musikalische Verbindungen
Das Ensemble Colourage wurde 2020 gegründet. Es entstand aus einer Kooperation der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, der Popakademie Baden-Württemberg und der Orientalischen Musikakademie Mannheim, einem 2008 gegründeten Verein für musikalischen und interkulturellen Begegnung, der Unterricht in orientalischer Musik und Instrumenten für Jugendliche und Erwachsenen anbietet. Inzwischen wird Colourage hauptsächlich von der Staatsphilharmonie getragen. Vier Musiker kommen aus Deutschland mit einer klassischen Ausbildung, die anderen vier stammen aus der Türkei, Syrien und Spanien. Komponiert wird gemeinsam. Musikalisch entsteht etwas Neues, mehr als nur die Verbindung der verschiedenen kulturellen Hintergründe, findet Laila Mahmoud.
Die 34-Jährige ist seit Beginn im Projekt. Sie studierte in Syrien Musik und Musikpädagogik und spielte in verschiedenen Ensembles. Vor acht Jahren kam sie nach Deutschland, um ihr Studium an der Popakademie Baden-Württemberg fortzusetzen. Sie erinnert sich noch an das Interview, als sie in der Botschaft ihr Studienvisum beantragte. Dort wunderte man sich, wo sie in Deutschland ihr Instrument spielen wollte. Laila Mahmoud aber war sich sicher, dass sich für die traditionelle arabische Kastenzither ein Platz finden würde. Mit dem Instrument könne sie ohnehin alles Mögliche spielen – Klassik, Bossa Nova, lateinamerikanische Musik.
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Ein Experimentierlabor der Musik
Laila erinnert sich an die ersten gemeinsamen Proben. „Am Anfang war es wie ein Labor, in dem wir alle experimentiert haben, was das Ensemble sein kann.“ Es war zunächst nicht immer einfach, gerade wegen der unterschiedlichen musikalischen Hintergründe und Arbeitsweisen der Mitglieder. Heute profitiert die Musik davon, sagt Mahmoud: „Je unterschiedlicher die Gruppe, desto reicher die Werke.“
Das Ensemble spielt fast ausschließlich eigene, gemeinsame Kompositionen. Die Herkunft der Musikerinnen und Musiker spielt inzwischen keine Rolle mehr, deswegen haben sie beschlossen, vor Publikum nicht mehr über „wir“ und „ihr“ zu sprechen. „Wir und unsere Instrumente sind uns nicht mehr fremd. Wir sind Colourage. Punkt“, sagt André Uelner. Er vertritt das Ensemble nach außen und war maßgeblich an der Auswahl der Musiker beteiligt. „Ich würde mich nicht als Leiter des Ensembles, sondern eher als Begleiter sehen.“ Alle Entscheidungen werden basisdemokratisch getroffen – eine im klassischen Orchesterbetrieb eher unübliche Form der Beteiligung.
Austausch über die Musik
Heute zeigt Colourage, wie wunderbar Austausch in der Musik funktionieren kann. „Das Ensemble ist eine Blaupause für das, was die Gesellschaft jetzt braucht – eine offene Identität, die sich nicht auf der Vergangenheit beruht, sondern in der Gegenwart und Zukunft entsteht“, findet Uelner.
Laila Mahmoud spielt dabei eine besondere Rolle: Für Mädchen mit Migrationshintergrund ist die Musikerin ein Vorbild. André Uelner erinnert sich an ein Schulprojekt, gemeinsam mit einem Barockensemble der Staatsphilharmonie und 150 Grundschulkindern, von denen die meisten aus Zuwandererfamilien kamen. „Die Mädchen sind total auf Laila abgefahren. Sie sahen eine Frau, die in ihrer eigenen Sprache spricht, Kanun spielt und selbstbewusst auf der Bühne steht – ein Bild, das sie selten gesehen haben.“