Wird das Bundesverfassungsgericht resistenter gegen den Einfluss von Extremisten gemacht? Dazu liegt nun ein Vorschlag aus dem zuständigen Bundesjustizministerium vor. Auf dieser Grundlage wollen Vertreterinnen und Vertreter der Ampelkoalition und der oppositionellen Union nach Ostern über mögliche Schritte beraten. Zuerst hatte die »Rheinische Post« über das Dokument berichtet.
Die Deutung der Zeitung, wonach sich Ampel und Union bereits auf die Vorlage verständigt hätten, wurden von der größten Oppositionsfraktion am Mittwoch jedoch vehement zurückgewiesen. »Es gibt keine Einigung«, sagte Günther Krings, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion, dem SPIEGEL. »Es gibt einen ersten Entwurf aus dem Justizministerium«, bestätigte der CDU-Politiker – fügte allerdings hinzu: »Dazu hat es noch nicht einmal die erste gemeinsame Besprechung gegeben.«
So stellt es auch der für Innenpolitik zuständige Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz dar. »Es scheint ein Missverständnis vorzuliegen«, sagte er dem SPIEGEL. »Das Bundesjustizministerium hat verdienstvollerweise einen Vorschlag vorgelegt, der als Diskussionsgrundlage dienen soll, aber auch innerhalb der Ampel noch nicht abgestimmt ist«, sagte von Notz. »Es wurde noch nicht verhandelt, insofern gibt es noch keine Einigung.«
CDU und CSU hatten im Februar erste Gespräche mit der Erklärung beendet, man sehe keinen zwingenden Bedarf für die von der Ampelkoalition angestrebte Verfassungsänderung. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte daraufhin ungewohnt deutlich klargemacht, dass er sich entsprechende Schritte wünsche. Später zeigte sich der Unionsfraktionsvorsitzende und CDU-Chef Friedrich Merz offen für weitere Diskussionen.
Zuletzt hatte Merz an Justizminister Buschmann appelliert, einen konkreten Vorschlag zum Schutz des Karlsruher Gerichts zu machen. »Wir sind offen, darüber zu sprechen, einen Kern bewährter Strukturen des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz zu verankern«, hatte Merz den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt.
Angesichts der Umfragewerte der AfD gibt es seit Monaten eine Debatte darüber, wie das oberste Gericht in Karlsruhe gegen den Zugriff radikaler Parteien geschützt werden kann, sollten sie einmal politische Macht erlangen und an Regierungen beteiligt sein. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg, wo im Herbst neue Landtage gewählt werden, liegt die AfD Demoskopen zufolge in der Wählergunst jeweils auf Platz eins.
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Details zur Wahl und Amtszeit von Richtern ins Grundgesetz?
Konkret könnten Details zur Wahl und Amtszeit von Verfassungsrichtern nicht nur in einem Gesetz, sondern im Grundgesetz festgeschrieben werden. Damit würde verhindert, dass Richter nach einem Regierungswechsel einfach ausgetauscht werden können. Weil für Änderungen des Grundgesetzes eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat und im Bundestag nötig ist, bräuchte die Ampel dafür die Zustimmung der Union.
Vertreter von CDU und CSU haben sich immer wieder skeptisch zu einer Grundgesetzänderung geäußert. Allerdings hat die Union bislang keine Alternativen vorgeschlagen.
Nach der Vorlage aus dem Bundesjustizministerium sollen laut »Rheinischer Post« einige Punkte grundgesetzlich festgeschrieben werden: die Unabhängigkeit des Gerichts, die Zahl von zwei Senaten, die Wahl von jeweils acht Richtern durch Bundestag und Bundesrat sowie deren Amtszeit von zwölf Jahren und die Altersgrenze von 68 Jahren. Neu aufgenommen werden soll demnach der Passus: »Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.« Wie die Zeitung weiter aus dem Entwurf zitiert, sind diese Regelungen »damit künftig einer Änderung mit einfacher Mehrheit entzogen«.
Grund für den Abbruch der ersten Gesprächsrunde zwischen Ampel und Union war auch gewesen, dass anschließend über die Unterredung berichtet wurde. Aus Sicht der Unionsvertreter war damit die Vertraulichkeit der Gespräche gebrochen worden.
CDU-Mann Krings zeigt sich verärgert
Mit Blick auf den Bericht der »Rheinischen Post« über eine Einigung auf den Gesetzentwurf zeigt sich Unionsverhandler Krings nun erneut verärgert. »Der Entwurf wurde offenbar gezielt von jemandem, der ihn erhalten hat, durchgestochen«, sagte er dem SPIEGEL, »und das war jedenfalls niemand aus dem überschaubaren Kreis der Mail–Empfänger aus der Union«. Der CDU-Politiker betont: »Wenn wir jetzt gemeinsam etwas bei dem Thema erreichen wollen, kann man so jedenfalls nicht vorgehen.« Er appelliere an die Ampel, »das weitere Verfahren seriös zu betreiben«.
Grünen-Verhandler von Notz lobt derweil die Kehrtwende der Union. »Es ist begrüßenswert und vernünftig von CDU und CSU, an den Verhandlungstisch zurückzukehren«, sagte er dem SPIEGEL. »Ich freue mich jetzt auf konstruktive Gespräche zwischen den Koalitionsfraktionen und mit der Union.«