Damit Deutschland seine Klimaziele im Gebäudesektor erreicht, sind energetische Sanierungen älterer Wohngebäude unerlässlich. Doch die hohen Kosten schrecken Besitzer sowie potenzielle Käufer bestehender Häuser und Wohnungen ab. Der Staat sollte sie gezielt unterstützen.
Kernaussagen in Kürze:
- Der Gebäudesektor ist in Deutschland je nach Berechnungsweise für 15 bis 28 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich.
- Energetische Sanierungen privater Wohnungen und Häuser sind dringend nötig, doch viele Menschen schrecken aufgrund der Kosten davor zurück.
- Der Staat sollte unterstützend eingreifen, etwa durch Förderungen beim Kauf und der Sanierung alter Immobilien oder durch eine reduzierte Grunderwerbsteuer.
Zur detaillierten Fassung
Wohnen und Klimaschutz – das ist seit Jahren bundesweit ein wichtiges Thema. Schließlich ist der Gebäudesektor für etwa 15 Prozent der CO2-Emissionen hierzulande verantwortlich. Rechnet man nach dem Verursacherprinzip – zählt also auch Emissionen etwa für Warmwasser, Klimatisierung und Beleuchtung in der Gesamtbilanz mit – , sind es sogar 28 Prozent. Der größte Emissionsanteil im Gebäudesektor entfällt auf die privaten Haushalte, dort entstehen 77 Prozent. Der Rest verteilt sich auf Gewerbe, Handel und Dienstleistungen.
Die Energiebilanz privater Haushalte zu verbessern, ist demnach der größte Hebel, um die Klimaziele zu erreichen. Und das Potenzial ist hoch, wie eine Studie der IW Consult zeigt (Grafik):
Im Jahr 2023 hatte in Deutschland knapp die Hälfte der zum Verkauf stehenden Eigentumswohnungen und Häuser eine Energieklasse von E oder schlechter.
Ein Fünftel aller Angebote fiel sogar in die beiden schlechtesten Klassen G und H.
Sowohl potenzielle Käufer als auch Immobilieneigentümer schrecken derzeit aufgrund der Kosten vor energetischen Sanierungen zurück.
Insgesamt am besten schnitten Wohnungen mit zwei bis vier Zimmern ab. Hier wiesen nur rund 30 Prozent eine schlechte Energieeffizienz auf. Anders sieht es bei Häusern aus: Sowohl Doppelhaushälften als auch Reihenhäuser waren in mehr als der Hälfte der Fälle wenig energieeffizient. Noch schlechtere Werte haben freistehende Gebäude:
Von den inserierten Einfamilienhäusern hatten im Jahr 2023 zwei Drittel die Energieeffizienzklasse E oder schlechter, für Zweifamilienhäuser galt dies sogar in drei von vier Fällen.
Doch ein Umbau kann enorm kostspielig sein. Regional gibt es in Deutschland dabei massive Unterschiede. In Gebieten, in denen das Immobilienpreisniveau ohnehin hoch ist, fallen die energetischen Verbesserungen weniger ins Gewicht. So sind die Mehrkosten in Miesbach (Bayern) mit durchschnittlich 12 Prozent des Kaufpreises am geringsten, München kommt auf 14 Prozent. In anderen Kreisen wie Hildburghausen (Thüringen) und Mansfeld-Südharz (Sachsen-Anhalt) verdoppeln sich die Anschaffungskosten einer Immobilie durch eine Modernisierung dagegen. Im Mittel zahlen Käufer eines Objekts mit Energieeffizienz E für eine energetische Sanierung nochmals 38 Prozent des Anschaffungspreises.
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Energieeffiziente Häuser sind teuer
Wer sich beim Kauf die Sanierung sparen will und sich direkt für ein energieeffizientes Objekt entscheidet, muss allerdings ebenfalls tief in die Tasche greifen. In Großstädten ist eine Wohnung oder ein Haus mit Energieklasse A+ zum Beispiel im Schnitt 28 Prozent teurer als Vergleichsobjekte mit der mittleren Energieklasse D.
Angesichts der finanziell schwierigen Bedingungen auf dem Immobilienmarkt – die Preise für Bestandswohnungen und -häuser stiegen in Deutschland von 2005 bis 2022 um 129 Prozent – sind potenzielle Käufer verunsichert:
Für das Jahr 2024 planten lediglich 16 Prozent der Mieter im Alter bis 50 Jahre den Erwerb von Wohneigentum. Fünf Jahre zuvor waren es noch 31 Prozent.
Immerhin für gut die Hälfte der Kaufwilligen kämen auch renovierungs- und modernisierungsbedürftige Objekte infrage.
Neben den potenziellen Käufern spielen die bereits heute in einer wenig energieeffizienten Immobilie lebenden Personen eine zentrale Rolle für die energetische Sanierung. Auch unter ihnen ist die Finanzierung das große Thema (Grafik):
57 Prozent der Immobilieneigentümer haben bislang keine Modernisierungsmaßnahmen ergriffen, weil sie ihnen zu teuer sind.
Den hohen Aufwand beklagen 43 Prozent, für 31 Prozent sind Kredite derzeit zu teuer. Die zu geringe staatliche Förderung ist für gut jeden vierten Immobilienbesitzer ein Argument gegen einen Umbau. Andererseits wäre diese Form der Unterstützung für 28 Prozent ein Anreiz, die energetische Sanierung anzugehen – keine andere Maßnahme kommt auf einen ähnlichen Wert.
Der Staat ist gefragt
Die IW-Consult-Studie zeigt, dass sowohl die potenziellen Käufer als auch die Immobilieneigentümer aufgrund der Kosten vor energetischen Sanierungen zurückschrecken. Der Staat kann und sollte eingreifen, um zum einen mehr Menschen die Vermögensbildung über eine eigene Immobilie zu ermöglichen und zum anderen die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen.
Neben der dringend benötigten Einführung der angekündigten „Jung kauft Alt“-Förderung, die die Finanzierungsbedingungen für den Kauf und die Sanierung von älteren Bestandsimmobilien verbessern soll, gibt es noch weitere Optionen. So würde eine reduzierte Grunderwerbsteuer Käufer entlasten.