„Das Lehrerzimmer“ ist Deutschlands Oscar-Beitrag 2024. Regisseur İlker Çatak sieht darin auch „den Erfolg einer Migrantengeschichte“.
Regisseur İlker Çatak
Einen Studenten-Oscar gewann İlker Çatak schon – fast zehn Jahre danach geht der in Deutschland und in der Türkei aufgewachsene Regisseur nun mit seinem Gesellschaftsdrama „Das Lehrerzimmer“ ins Rennen um den Auslands-Oscar. Der Film um einen aus dem Ruder laufenden Konflikt an einer Schule wurde schon mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Filmpreis. Nun konkurriert „Das Lehrerzimmer“ gegen vier andere Filme in der Oscar-Kategorie „Internationaler Film“, in der 2023 der deutsche Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ die begehrteste Filmtrophäe der Welt holte.
Deutscher Filmpreis für „Das Lehrerzimmer“
„Das Lehrerzimmer“ von İlker Çatak gegen „Perfect Days“ von Wim Wenders
Im Zentrum des deutschen Oscar-Beitrags steht eine von der Schauspielerin Leonie Benesch verkörperte junge Lehrerin, die eine Diebstahlserie an ihrer Schule aufklären will und sich entscheidet, dafür heimlich eine Kamera im Lehrerzimmer mitlaufen zu lassen. German Films, die Auslandsvertretung des deutschen Films, wählte das Drama zunächst im August 2023 unter deutschen Mitbewerbern aus. „Mit ‚Das Lehrerzimmer‘ nominiert die Jury einen hochaktuellen, universellen Kinofilm, dem man sich nicht entziehen kann“, erklärte German Films. „Ilker Çatak nimmt den Mikrokosmos Schule als Bühne gesellschaftlicher Erosionsprozesse im postfaktischen Zeitalter.“
Sein Werk überzeugte auch die Film-Akademie in Los Angeles, die „Das Lehrerzimmer“ im Januar 2024 neben vier weiteren Filmen in der Sparte „bester internationaler Film“ für einen Oscar nominierte. Zur Konkurrenz zählt auch der japanische Beitrag „Perfect Days“ des deutschen Regisseure Wim Wenders. Der Film erzählt von einem Toiletten-Reiniger in Tokio, der mit seinem einfachen Leben zufrieden zu sein scheint.
Erst vier deutsche Produktionen gewannen bislang den Preis für den besten internationalen Film. Vor „Im Westen nichts Neues“ im Jahr 2023 war das zuvor 2007 Florian Henckel von Donnersmarck mit dem Stasi-Drama „Das Leben der Anderen“ gelungen. 1980 hatte die Romanverfilmung „Die Blechtrommel“ von Volker Schlöndorff den Auslands-Oscar erhalten, 2003 „Nirgendwo in Afrika“ von Caroline Link.
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Regisseur Çatak greift in seinem Film auch auf autobiografische Erlebnisse zurück
„Der Erfolg dieses Films ist auch der Erfolg einer Migrantengeschichte“, sagte Regisseur Çatak dem Portal „Zeit online“ nach der Oscar-Nominierung. Es gebe viele autobiografische Momente in dem Film. Er sei mit seinem Co-Autor Johannes Duncker zusammen in Istanbul zur Schule gegangen und es gebe eine Szene am Anfang des Films, die sie genauso erlebt hätten. Der 1984 in Berlin geborene Çatak machte sein Abitur in Istanbul und studierte danach in Berlin Film und Filmregie, später machte er seinen Master in Filmregie an der Hamburg Media School.
Über die Erfahrungen seines Co-Autoren Duncker in Istanbul und seine eigenen Erlebnisse in Berlin sagte Çatak in dem „Zeit“-Interview: „Wir haben beide miterlebt, was es bedeutet, in einem anderen Land zu sein beziehungsweise in einer Schulklasse, in einer Gesellschaft, in der du anders bist. Dieses Gefühl des sich Findens haben wir versucht, in unserem Film zu transportieren.“
Oscargekrönter Kurzfilm „Sadakat“ von İlker Çatak
Szene aus dem Kurzfilm „Sadakat“
Fast zehn Jahr vor der Oscar-Nominierung für „Das Lehrerzimmer“ gewann Çatak 2015 bereits einen Studenten-Oscar. Sein Abschlussfilm „Sadakat“ (internationaler Titel: Fidelity) an der Hamburg Media School erzählt die Geschichte einer jungen Frau in Istanbul, die in einer spontanen Aktion einen politischen Aktivisten versteckt. Der Film erhielt in der Sparte „Bester ausländischer Film“ den Studenten-Oscar in Gold.